Die Regierung in Wien denkt über deutlich schärfere Grenzkontrollen nach, um den Zuzug von Flüchtlingen zu begrenzen. Erneut würde damit ein Stück Freiheit in Europa begrenzt. Was hätte das für Konsequenzen?
Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz sieht in nationalen Grenzkontrollen kein Teufelszeug, sondern im Gegenteil einen möglichen "Treiber für eine europäische Lösung" der Flüchtlingskrise. Im ZDF-"heute-journal" sagte er, wenn überall Staaten anfingen, Obergrenzen für Flüchtlinge zu setzen und Grenzen zu schließen, könne das einen positiven Dominoeffekt haben, weil Flüchtlinge nicht mehr einfach weiterreisen könnten. Die Zahlen würden dann zurückgehen.
Bisher gebe es in vielen Ländern auf der Route von Südosteuropa "zu wenig Leidensdruck". Vor allem für Griechenland, das Land, wo die meisten Flüchtlinge zuerst den Boden der EU betreten, sei die Lage "höchst komfortabel". Griechenland müsste sich nach den Dublin-Regeln eigentlich um die Flüchtlinge kümmern und ihre Asylanträge bearbeiten. Doch, so Kurz, "die Flüchtlinge werden einfach möglichst schnell nach Mitteleuropa weitertransportiert."
Immer mehr Grenzkontrollen
Österreich ist nicht das einzige Land, das Grenzkontrollen wiedereingeführt hat. Schweden, Dänemark, Deutschland und andere haben es bereits getan. Aber wie die anderen Länder würde Österreich die Grenze nicht vollkommen abriegeln, sondern nur Kontrollen verstärken. Obwohl Grenzkontrollen im Schengen-System eigentlich nicht vorgesehen sind, sind sie vorübergehend und "im Falle einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit" zulässig.
Yves Pascouau, Migrationsexperte bei der Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre, ist froh, dass sich bisher alle an die Regeln gehalten und die Kommission vorher informiert haben. Denn würden irgendwann einzelne Mitgliedsstaaten "außerhalb der Schengen-Regeln" handeln, "wäre das das Ende von Schengen".
Pascouau akzeptiert aber nicht die Kritik von Minister Kurz an Griechenland: "Griechenland hat sich nicht immer an die Regeln gehalten, aber es steht seit Jahren unter extrem hohem Migrationsdruck." "Komfortabel" könne man das nicht nennen. Dazu kämen die Wirtschaftsprobleme. Er rät, man solle sich auch die anderen Länder auf der Balkanroute ansehen. Die "setzen nicht das um, was sie tun müssen", nämlich zu registrieren und Asylanträge zu bearbeiten.