Ein erster Ansatz also zu einer Parallelmontage: Die Kamera verlässt einen Schauplatz, ehe die Handlung dort abgeschlossen ist, und nimmt an einem anderen Ort einen zweiten Handlungsstrang auf, um dann wieder an den ersten Schauplatz zurückzukehren, an dem schließlich beide Handlungsstränge zusammengeführt werden. Außerdem liegt ein erster Ansatz zum später so beliebten und mit der Parallelmontage verknüpften last minute’s rescue vor.
An Williamsons ATTACK ON A CHINA MISSION knüpfte 1903 der Amerikaner Edwin S. Porter mit seinem Film THE GREAT TRAIN ROBBERY an. Auch hier wird in Form einer Parallelmontage das Geschehen auf mehreren Schauplätzen vorangetrieben.
Montage bedeutet bei diesen frühen Filmen freilich nur einen Wechsel des Schauplatzes; einen Wechsel der Einstellungsgrößen gab es noch nicht. Die einzelnen räumlich voneinander abgegrenzten Szenen wurden ohne Unterbrechung in einer Totalen oder Halbtotalen gedreht und wie theatrale Bilder aneinandergefügt. Die ersten Experiment mit dem Wechsel der Einstellungsgröße fallen in dasselbe Jahr wie Williamsons ATTACK ON A CHINA MISSION. Sie finden sich in Filmen des Briten G. A. Smith, der ebenfalls der sogenannten Schule von Brighton angehörte.
In Smiths Filmen war der Wechsel der Einstellungsgrößen zunächst filmimmanent begründet. In GRANDMA’S READING GLASS (GROSSMUTTERS LUPE;1900) werden zunächst Großmutter und Enkel halbnah gezeigt: der kleine jung nimmt der Großmutter die Lupe weg. Die folgenden Einstellungen sind dann Detailaufnahmen, die zeigen, was der Junge durch die Lupe der Großmuttermutter sieht - Detailaufnahmen, die durch eine Maske kreisförmig kaschiert sind.
Aber das alles sind eben nur Ansätze zu einer filmischen Montage, deren eigentliche Geschichte, wie gesagt mit Griffith beginnt, mit dessen Namen Deleuze (Deleuze 1989), an den die folgende Darstellung anknüpft, eine erste Schule der Montage verbindet, die er als die amerikanische Schule bezeichnet, im Gegensatz dann zur zweiten der sowjetischen Schule der Montage, verbunden mit dem Namen Pudovkin und Eisenstein.